„Die nächste Familie ist Padma, was wörtlich “Lotusblume” bedeutet. Das Symbol der erleuchteten Padmafamilie ist der Lotus, der im Schlamm wächst und blüht und dennoch rein und sauber aus ihm hervorkommt, jungfräulich und licht. Die Padmaneurose hat mit Leidenschaft zu tun und einer Eigenschaft von Greifen und Besitzenwollen. Wir sind ganz und gar in Verlangen verstrickt, und wir wollen die Welt lediglich verführen, aber nicht ernsthaft mit ihr kommunizieren. Wir könnten ein Hochstapler sein oder in der Werbung arbeiten, im Grunde aber sind wir ein Pfau. Tatsächlich sitzt Amitabha-Buddha, der Buddha der Padmafamilie, traditionellerweise auf einem Pfau, der die Besiegung der Padmaneurose darstellt. Ein Mensch mit Padmaneurose spricht sanft, wunderbar sanft, und er oder sie scheint sehr sexy, freundlich, großartig und entgegenkommend zu sein: “Es macht nichts, wenn du mich verletzt. Das gehört auch zu unserer Liebesbeziehung. Komm zu mir!” Eine derartige Padmaverführung ist manchmal exzessiv und manchmal mitfühlend, je nachdem wie wir sie angehen.
Padma ist mit dem Element Feuer verbunden. Im verwirrten Zustand macht das Feuer keinen Unterschied zwischen den Dingen, die es erfasst, verbrennt und zerstört. Im erwachten Zustand wird die Hitze der Leidenschaft in die Wärme des Mitgefühls verwandelt. Wenn die Padmaneurose so verwandelt wird, wird sie fantastisch genau und bewusst, sie wird zu außerordentlicher Anteilnahme und Forscherdrang. Alles wird unter seinen spezifischen Eigenheiten und mit seinen besonderen Eigenschaften und Merkmalen wahrgenommen. Daher wird die Weisheit von Padma die Weisheit des Unterscheidenden Gewahrseins genannt.
Das tatsächliche Wesen der Padmaverführung ist wirkliche Offenheit, ist die Bereitschaft, der Erscheinungswelt zu zeigen, was wir haben und was wir sind. Was wir in die Welt bringen, ist ein Gefühl des Vergnügens, ein Gefühl der Verheißung. Was immer wir auch erleben, wir erleben es als verheißungsvoll. Wir erleben ständige Anziehung und ungezwungene Gastfreundschaft. Diese Eigenschaft von Padma wirkt, als würden wir in Parfüm oder Jasmintee baden. Jedes Mal, wenn wir ein Bad nehmen, fühlen wir uns erfrischt und herrlich. Diese Anziehung tut gut. Die süße Luft ist wunderbar, und die Gastfreundschaft unseres Gastgebers ist großartig. Wir essen die leckeren Sachen, die er uns bereitstellt, und sie sind köstlich, aber nicht zu schwer. Wir leben in einer Welt von Milch und Honig, aber wir erleben sie auf sehr feinfühlige Weise, anders als bei der üppigen, aber schwergewichtigen Erfahrung der Ratnafamilie. Fantastisch! Selbst unser Brot verströmt die köstlichsten Gerüche, und unser Eis hat die Farbe von schönem, rosarotem Lotus. Wir können es nicht erwarten, zu essen. Im Hintergrund klingt liebliche Musik, und wenn sie nicht spielt, lauschen wir dem Rauschen des Windes in unserer Padmaumgebung, und auch er wird zu Musik. Selbst wenn wir keine Musiker sind, können wir alle Arten von Musik komponieren. Wir möchten gerne dichten oder fantastisch lieben.“ (Trungpa, Chögyam 1982)