Die Buddhafamilie „ist mit dem Element Raum verbunden. Buddhaenergie ist die Grundlage oder der grundlegende Raum. Sie ist die Umgebung oder der Sauerstoff, der es den anderen Prinzipien möglich macht, zu wirken. Sie ist gesetzt und solide. Menschen dieser Familie haben einen starken Sinn für kontemplatives Erleben und sind höchst meditativ.
Buddhaneurose ist die Eigenschaft, “daneben” und nicht im Raum zu sein. Sie ist oft mit einem Widerwillen verbunden, sich zu äußern. Wir sehen zum Beispiel, dass unsere Nachbarn unseren Lattenzaun mit einem Vorschlaghammer zerstören. Wir können sie hören und sehen, ja wir haben sie sogar schon den ganzen Tag dabei beobachtet, wie sie fortwährend damit beschäftigt waren, ihn zu zerschlagen. Anstatt aber zu reagieren, schauen wir lediglich zu und ziehen uns dann in unser trautes, kleines Heim zurück. Wir essen unser Frühstück, Mittagessen und Abendbrot und ignorieren, was sie tun. Wir sind gelähmt, unfähig, zu Außenstehenden zu sprechen.
Eine weitere Eigenschaft der Buddhaneurose ist, dass Dinge uns allzu gleichgültig sind. Unsere schmutzige Wäsche häuft sich in einer Ecke des Zimmers. Manchmal benützen wir ein Stück davon, um etwas auf dem Tisch oder Boden aufzuwischen, das verschüttet wurde, und dann legen wir es auf denselben Haufen zurück. Im Lauf der Zeit werden unsere dreckigen Socken unerträglich, aber wir sitzen einfach da. Wenn wir eine politische Karriere anpeilen, schlagen unsere Kollegen vielleicht vor, dass wir ein gewisses Projekt entwickeln und unseren Organisationsstab ausweiten. Wenn wir eine Buddhaneurose haben, werden wir das Gebiet wählen, dessen Entwicklung die geringste Anstrengung erfordert. Wir wollen uns nicht direkt mit den Einzelheiten im Umgang mit der Wirklichkeit auseinandersetzen. Freunde einzuladen ist auch ein Verdruss. Wir ziehen es vor, unsere Freunde in ein Restaurant einzuladen anstatt zu uns nach Hause. Und wenn wir eine Liebesbeziehung haben wollen: anstatt jemanden zu umwerben, mit ihm oder ihr zu sprechen und Freundschaft zu schließen, suchen wir bloß nach jemandem, der bereits auf uns abfährt. Es ist uns zu lästig, jemanden zu bereden.
Manchmal haben wir das Gefühl, in den Erdboden, in Schlamm und Erde zu versinken. Manchmal fühlen wir uns gut, da wir glauben, der standhafteste Mensch im Universum zu sein. Langsam beginnen wir, uns zuzugrinsen, uns zuzulächeln, da wir der beste von allen sind. Wir sind die einzige Person, die es schafft, standhaft zu bleiben. Manchmal aber haben wir das Gefühl, der einsamste Mensch im ganzen Universum zu sein. Uns ist nicht zum Tanzen zumute, und wenn uns jemand zu einem Tanz auffordert, fühlen wir uns verlegen und unbehaglich. Wir wollen in unserer eigenen kleinen Ecke bleiben. Wenn sich aber die ignorierende Eigenschaft der Buddhafamilie in Weisheit verwandelt, wird sie zu einer Umgebung alles durchdringender Räumlichkeit. Dieser erleuchtete Aspekt wird die Weisheit des alles umfassenden Raumes genannt. An sich mag sie noch immer eine etwas öde und leere Eigenschaft haben, zugleich aber ist dies eine Eigenschaft der völlig offenen Möglichkeiten. Sie kann alles beherbergen. Sie ist offen und weit wie der Himmel.“ (Trungpa, Chögyam 1982)
„Die Buddha-Familie ist die grundlegende Familie im Mandala der fünf Dakinis. Sie durchdringt gewissermaßen alle anderen, weil ihr Element der Raum ist. Sie ist die Leerheit, aus der alles entsteht und in die alles zurückgeht. Sie ist der Kristall, auf den die Sonne fällt, und zwar bevor das Licht in Spektralfarben aus ihm austritt und nachdem er es wieder in sich aufgenommen hat. Der Raum ist die Voraussetzung für alles, was existiert; er ist die grundlegende Ebene des Bewusstseins selbst.
Das Symbol der Buddha-Familie ist das achtspeichige Dharmarad, das Dharmachakra. Es stellt nach den Lehren des Buddhas den achtfachen Pfad zur Erleuchtung dar: die richtige Sicht, die richtige Gesinnung, die richtige Rede, das richtige Handeln, ein richtiger Lebensunterhalt, das richtige Bemühen, die richtige Achtsamkeit und die richtige meditative Versenkung. Der achtfache Pfad ist die grundlegendste Lehre auf dem Weg zur Erleuchtung, wie der Buddha ihn beschrieb. Das achtspeichige Rad ist eines der ältesten Symbole seiner Botschaft. Das Rad besteht aus drei Teilen: Nabe, Speichen und Radkranz. Die Nabe stellt die Leerheit dar, den völligen Nullpunkt, eben das Zentrum des Rades, das sich nicht bewegt und der Ruhepol in der Mitte ist. Deshalb ist der Punkt oder bindu die Form, die mit der Buddha-Familie verbunden ist. Der Radkranz symbolisiert die Vollständigkeit der Lehren des Buddhas.
Die Farbe der Familie ist weiß, doch die genauere Beschreibung wäre farblos und zugleich vom Potenzial aller Farben erfüllt. Manchmal wird dieser Familie auch die Farbe Blau zugeordnet. Das Element der Familie, den Raum, erleben wir in unserem Inneren als Bewusstsein. Dieses ist grenzenlos und nicht zu lokalisieren, es hat keine Farbe und keinen festen Aufenthaltsort. Wenn das Raumelement blau dargestellt wird, bezieht es sich auf den Himmel und seine Weite. Die Sinneswahrnehmung der Familie ist der Geist, das Bewusstsein, das alle anderen Sinneswahrnehmungen aufnimmt und verarbeitet. Der Geist wird oft mit dem Himmel verglichen, mit dem Raum, in dem sich zwar Wolken bilden, der aber nicht von ihnen beschmutzt werden kann. Der Geist erzeugt die Erfahrung der inneren Raumhaftigkeit, besonders durch Meditation.“ (Allione 2018)