„Ratna bezeichnet ein persönliches und echtes Gefühl dafür, uns selbst auszudehnen und unsere Umgebung zu bereichern. Es ist Ausdehnung, Bereicherung, Fülle. Diese Fülle kann aber auch Probleme, und Schwächen haben. Im neurotischen Aspekt manifestiert sich der Reichtum von Ratna darin, dass man völlig fett und ungeheuer wichtigtuerisch ist — jenseits der Grenzen unseres geistigen Gesundseins. Wir breiten uns ständig aus, öffnen uns unbekümmert und lassen uns bis zur Verrücktheit gehen. Es ist, als schwämmen wir in einem zähflüssigen See aus Honig und Butter. Wenn wir erstmal mit dieser Mixtur bedeckt sind, bekommen wir sie sehr schwer wieder los. Wir können sie nicht einfach abwischen, sondern wir brauchen alle möglichen Reinigungsmittel, wie Scheuerpulver und Seife, um diese klebende Schmiere abzukriegen. In der positiven Ausformung der Ratnafamilie ist die Eigenschaft des Reichtums extrem. Wir fühlen uns sehr reich und ergiebig und dehnen uns über unsere Welt persönlich, direkt, emotional, psychologisch, sogar spirituell aus. Wir dehnen uns ständig aus, wie sich eine Flut oder ein Erdbeben ausdehnt. Wir fühlen, wie wir uns ausdehnen, wie wir die Erde erschüttern und mehr und mehr Sprünge in ihr erzeugen. Das ist die wuchtige Ausdehnungsfähigkeit von Ratna.
Die erleuchtete Form von Ratna wird die Weisheit des Gleichmuts genannt, da Ratna alles in seinem sich ausdehnenden Umfeld einschließen kann. Ratna ist daher mit dem Element Erde verbunden. Es ist wie ein verfaulender Holzklotz, der sich auf dem Land bequem fühlt. Er befindet sich einfach da, und gleichzeitig wachsen alle möglichen Pilze und Pflanzen auf ihm, und er gestattet Tieren in ihm zu hausen. Dieses faule Sich-Niederlassen, es sich bequem machen und andere Leute einzuladen, auch zu kommen und sich auszuruhen, das ist Ratna.“ (Trungpa, Chögyam 1982)