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pratītya-samutpāda

Das bedingte Entstehen oder Entstehen in Abhängigkeit (Sanskrit: pratītya-samutpāda; Pali: paṭicca-samuppāda)

„Das konventionelle Selbst ist also ein abhängig entstehendes Objekt. Im Allgemeinen gibt es laut Definition des indischen, buddhistischen Meisters aus dem zweiten Jahrhundert, Nāgārjuna, drei Arten des abhängigen Entstehens.

  1. Ursächliche Abhängigkeit – die Tatsache, dass alle nicht-statischen Phänomene abhängig von Ursachen und Bedingungen entstehen. Beispielsweise entsteht ein Keimling abhängig vom Samen, vom Wasser, der Erde und des Sonnenlichtes, und Probleme entstehen abhängig von mangelndem Gewahrsein oder Verwirrung hinsichtlich der Realität, sowie störenden Emotionen und Geisteshaltungen, die daraus resultieren und zwanghaftem Verhalten, das daraus hervorgeht. Dies wird von allen buddhistischen Lehrsystemen gleichermaßen vertreten.
  2. Gegenseitige Abhängigkeit – die Tatsache, dass alle Phänomene abhängig davon entstehen, sich in einer Beziehung zu etwas anderem zu befinden; beispielsweise entstehen das Ganze und seine Teile gleichzeitig und abhängig voneinander. Das trifft ebenfalls auf die Eltern und das Kind zu, sowie auf den Fußball und das Fußballspiel, oder auf kurz und lang. Dazu gehört auch das gegenseitige abhängige Entstehen einer Zuschreibung und der Basis einer Zuschreibung. Zum Beispiel ist das Fußballspiel eine Zuschreibung auf die Teams, die Spieler, die Regeln, die Bewegungsabläufe, den Spielstand, den Fußball und das Fußballfeld als Grundlage der Zuschreibung. Dies wird von allen Mahayana-Lehrsystemen vertreten.
  3. Abhängiges Entstehen in Bezug auf bloßes Bestimmen von Namen und Bezeichnen aufgrund von Konzepten – alle Phänomene entstehen in Abhängigkeit, weil sie lediglich das sind, worauf sich ein Name oder Begriff, dem eine spezifische Definition und, beruhend auf einer Basis, eine Bezeichnung gegeben wird, bezieht. Beispielsweise wird ein Fußball nur mittels einer Konvention – der Name und das Konzept „Fußball“ mit seiner spezifischen Definition, mit dem ein Objekt mit einer gewissen Form benannt wird – als Fußball festgelegt. Weil es verschiedene Konventionen gibt, wird sogar das englische Wort „Football“ gültig für zwei unterschiedlich geformte Objekte in Amerika und dem Rest der Welt benutzt, und auf diese Weise sind auch Konventionen unterschiedlich. Dies wird nur von der Gelug-Variante des Prasangika-Lehrsystems vertreten.“ (Study Buddhism)

„Die Beziehung zwischen Handlung und Geist und Geist und Handlung hat Philosophen und Mystiker seit Jahrtausenden fasziniert. Welche Beziehung besteht zwischen unseren Handlungen und unseren Gedanken, unserem Bewusstsein und unserem Verhalten? Leiten die Gedanken immer das Verhalten, oder ist es vielleicht umgekehrt? Hat das eine Vorrang vor dem anderen? Ist das eine grundlegend, während das andere nur eine wirkungslose Begleiterscheinung [Epiphänomen] ist?

Die frühen buddhistischen Traditionen betrachteten jede dieser Alternativen als unzulässig und stellten stattdessen eine wechselseitige Beziehung zwischen Geist und Handlungen dar, eine Beziehung, in der unsere vergangenen Handlungen unsere gegenwärtigen Geisteszustände beeinflussen, unsere gegenwärtigen Geisteszustände unsere gegenwärtigen Handlungen beeinflussen und diese gegenwärtigen Handlungen wiederum zukünftige Geisteszustände beeinflussen. Diese wechselseitige Beziehung, vielleicht die früheste Konzeptualisierung dessen, was wir heute als Rückkopplung bezeichnen, wird in der bekannten Formel des abhängigen Entstehens […] dargestellt, dem wohl markantesten Aspekt des frühen buddhistischen Denkens, dessen Verzweigungen sich in der Geschichte des buddhistischen Denkens weiter entfalten werden.“ (Waldron 2004, übersetzt, gekürzt)

Waldron 2004 zitiert diese Worte des Buddha (Nidāna-vagga, hier im Pali-Kanon):

„In einem Text, der Nidāna-vagga oder die Sprüche über die Ursachen genannt wird, stellt der Buddha die traditionelle zwölfgliedrige Reihe des abhängigen Entstehens auf dieselbe Weise dar, indem er zuerst die Bedingungen beschreibt, die zum Entstehen dieser Welt des Leidens führen, und dann in umgekehrter Reihenfolge diejenigen, die zu ihrer Beendigung führen:

Und was, ihr Mönche, ist abhängiges Entstehen? Mit Unwissenheit als Bedingung, [entstehen] karmische Formationen; mit karmischen Formationen als Bedingung, Bewusstsein; mit Bewusstsein als Bedingung, Name und Form; mit Name und Form als Bedingung, die sechs Sinnessphären; mit den sechs Sinnessphären als Bedingung, Kontakt; mit dem Kontakt als Bedingung das Gefühl; mit dem Gefühl als Bedingung das Verlangen; mit dem Verlangen als Bedingung das Greifen; mit dem Greifen als Bedingung das Werden; mit dem Werden als Bedingung die Geburt; mit der Geburt als Bedingung das Altern und der Tod, der Kummer, die Klage, der Schmerz, die Unzufriedenheit und die Verzweiflung entstehen. Das ist der Ursprung dieser ganzen Masse von Leiden. Dies, ihr Mönche, wird abhängiges Entstehen genannt.

Aber aus dem restlosen Verblassen und der Beendigung der Unwissenheit folgt die Beendigung der karmischen Formationen; mit der Beendigung der karmischen Formationen die Beendigung des Bewusstseins; mit der Beendigung des Bewusstseins die Beendigung von Name und Form; mit der Beendigung von Name und Form die Beendigung der sechs Sinnessphären; mit der Beendigung der sechs Sinnessphären die Beendigung des Kontakts; mit der Beendigung des Kontakts die Beendigung des Gefühls; mit der Beendigung des Gefühls die Beendigung des Verlangens; mit der Beendigung des Verlangens die Beendigung des Greifens; mit der Beendigung des Greifens die Beendigung des Werdens; mit der Beendigung des Werdens die Beendigung der Geburt; mit der Beendigung der Geburt hören Alterung und Tod, Kummer, Klage, Schmerz, Unmut und Verzweiflung auf. Das ist die Beendigung dieser ganzen Masse von Leiden. (S II 1)“ (übersetzt)

s. Mahatanhasankhaya Sutta: Sutta 38 (Middle Length Discourses 1995:355)

Die Elemente dieser Prozesse:

  • Unwissenheit (avijja) wird im Sinne der vier Edlen Wahrheiten definiert als „Unwissenheit über das Leiden, den Ursprung des Leidens, die Beendigung des Leidens und den Weg, der zur Beendigung des Leidens führt“ (S II 4). Das heißt, eine der Bedingungen für das Entstehen dieser Welt des Kummers und des Leidens ist die Unwissenheit über die unbefriedigende Natur der weltlichen Existenz selbst, über den Ursprung dieser Unzufriedenheiten, über ihre Beendigung und über den Weg, der zu ihrer Beendigung führt.
  • Unwissenheit bedingt das Entstehen von karmischen Formationen (sankhara), formativen Strukturen von Körper, Sprache und Geist. Dieses komplexe Konzept bezeichnet sowohl Formationen, die durch vergangene Handlungen entstanden sind, als auch die formativen Handlungen, die zukünftige Formationen hervorbringen […]. Sankhara ist eines der Kernkonzepte des indischen buddhistischen Denkens und spielt eine besonders wichtige Rolle innerhalb des ālayavijñāna-Komplexes des Geistes.
  • Diese karmischen Formationen bedingen das Entstehen von Bewusstsein oder kognitivem Gewahrsein (viññaṇa). Obwohl viññaṇa in diesem Text als die sechs Modi des sensorischen und mentalen kognitiven Bewusstseins bezeichnet wird, wird es an dieser Stelle in der Reihe üblicherweise als Wiedergeburtsbewusstsein betrachtet, das in den sich neu bildenden Fötus hinabsteigt, ihn „aufnimmt“ und danach belebt, wie es in diesem Dialog mit dem Buddha beschrieben wird: ‚Ich habe gesagt, dass das Bewusstsein den Namen und die Form bedingt….Wenn, Ananda, das Bewusstsein nicht in den Mutterschoß hinabsteigen würde, würde der Name und die Form dort gerinnen?‘ – ‚Nein, Herr.‘ – ‚Wenn das Bewusstsein, nachdem es in den Mutterschoß hinabgestiegen ist, diesen wieder verlassen würde, würde dann Name und Form in diesem Leben geboren werden?'“ „‚ – ‚Nein, Herr.‘ (D II 62f.; PTS)
  • Das nächste Glied, Name und Form (nama-rūpa), bezieht sich in der Regel auf die psychologischen und physiologischen Aspekte der menschlichen Erfahrung, die sich während der intrauterinen Phase zu entwickeln beginnen und ein Leben lang andauern. Diese stellen die grundlegenden Prozesse des menschlichen Geistes und Körpers dar und entsprechen in etwa den oben erwähnten fünf „Aggregaten des Greifens“ (upādāna-khandha). […]
  • Die nächsten vier Faktoren in der Reihe – die sechs Sinnessphären, Kontakt, Gefühl und Verlangen – hängen alle vom Vorhandensein eines lebenden psycho-physischen Organismus (Name und Form) ab. Zusammengenommen fassen sie den typischen Wahrnehmungsprozess zusammen. Das heißt, die Wahrnehmung wird in den frühen Pali-Texten in Bezug auf die sechs Sinnessphären oder Sinnesbereiche erklärt, die der fünf Sinne plus des Geistes. Wenn etwas auf einen dieser Bereiche trifft, entsteht ein Kontakt oder eine Empfindung (phassa). Diese Empfindung wird als angenehmes, unangenehmes oder neutrales Gefühl (vedanā) erlebt, das (wenn es angenehm ist) wiederum das Entstehen von Verlangen oder „Durst“ (taṇha) nach diesem „Objekt“ bedingt.“ (aus Waldron 2004 übersetzt, gekürzt)

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